Die absolute Wahrheit

Manchmal finde ich in meine Emails eine Mitteilung von einen Liebhaber der meldet dass er/sie noch nie Medikamente angewendet hat und dass es seiner Meinung nach absolut möglich ist um ohne Medikamente gute Leistungen zu erreichen. In Kassel sprach ich in 2007 einen Liebhaber aus Nord-Deutschland der an unseren Stand die gleiche Meinung hatte. Er war auch davon überzeugt dass ich, als Tierarzt, eine ganz andere Meinung haben müsste. Er wunderte sich aber sehr dass ich ihm glaubte und mich ganz gut vorstellen konnte wie er das erreicht haben kann.
Der Mann freute sich über meine Reaktion und sagte dass ihm sonst keiner geglaubt hätte. Als ich meine Vermutung aussprach dass er dies nur durch eine sehr strikte Selektion habe erreichen können, bestätigte er mir das auch: ohne Rücksicht auf die Abstammung der Taube.
Vor einigen Jahren kam ein Liebhaber regelmässig um seine Tauben auf Gelb kontrolieren zu lassen. Er ärgerte sich Grün und Blau daran dass es immer wieder Tauben gab die mit diesem Parasiten infektiert wurden. Als ihm sagte dass das sehr wahrscheinlich darauf zurück zu führen war dass er einen Stamm Tauben hatte der nun Mal empfindlich für diese Krankheit ist und dass das wahrscheinlich auch so bleiben würde, fragte er mich ob eine strikte Selektion ihm von diesem Problem befreien könnte.
Ich sagte ihm dass das möglich, aber nicht einfach, sein würde weil dann auch Tauben von guter Abstammung, wenn die auch sehr empfindlich für eine Infektion dieses Parasiten sein würden, geräumt werden müssten.
In den darauf folgenden Jahren hat dieser Liebhaber alle Tauben wobei bei Kontrolle das Gelb festgestellt wurde, konsequent geräumt. Fakt ist dass nach etwas mehr als zwei Jahren seine Tauben die er dann kontrollieren lies, nur kaum oder garkeine Gelbinfektion mehr hatten.
Ich behaupte jetzt nicht dass wir alle diesen Weg einschlagen sollen. Wenn ich das propagieren würde, würden die meisten Taubenliebhaber mich für verrückt halten. Stellen Sie sich vor: es gelingt um Hand zu legen auf eine Taube aus einen National-Sieger und diese Taube erweist sich als empfindlich für dem Gelb, da kratzt man sich doch, logischerweise, erst 10 Mal hinterm Ohr, bevor man so eine drastische Massnahme trifft?

Auch der Liebhaber auf der Messe in Kassel hat viele Jahre lang konsequent strikt selektiert. Dabei hatte er das Glück dass ihm reichlich qualitative gute Tauben erhalten blieben um rigorös sein zu können, denn es ist keine Kleinigkeit um konsequent alle schwachen Brüder zu räumen wenn es teuer bezahlte Tauben, von erwiesen gute Elterntiere, sind.

Die Liebhaber die mir manchmal vorwerfen dass wir Tierärzte zu sehr den Nachdruck legen auf die Anwendung von Medikamente kann ich also sehr gut verstehen wenn sie meinen dass auch ohne Medikamente auch gute Leistungen erreichen.
Wenn sie ihre Kollegen-Liebhaber davon erzählen dass sie keine Medikamente anwenden, vergessen sie aber oft dabei auch zu sagen dass sie Spartanisch hart selektiert haben um so weit zu kommen.
Gerade da liegt aber das Problem: das selektieren.
Wenn jeder ganz rigorös selektieren würde dann könnte die heutige, oft unvermeidbare Anwendung von Medikamenten, wahrscheinlich etwas zurück zu drängen. Bevor der jetzigen Anwendung von Medikamenten war die Selektion fast natürlich: kranke Tiere wurden geräumt, Basta. Nur die stärksten blieben am Leben. Es gab keine andere Möglichkeit, denn es gab ja keine Medikamente.
Die entwicklung von Medikamente hat es möglich gemacht dass auch schwache Brüder eine gesundheitliche Krise überstehen konnten. Auf die Weise sind, nach und nach, sehr wahrscheinlich gesundheitlich schwächere Gene in der Taubenpopulation entstanden, denn oft geht das gerade gepaart mit gute Flugeigenschaften.

In diesem Jahr kam ein Deutscher Liebhaber zu mir in die Klinik der jahrelang einen Kollegen konsultiert hatte der auch ein entschiedener Gegner von Medikamenten-anwendung ist. Dieser Liebhaber bekam auch immer die Empfehlung um infektierte Tauben zu räumen wenn eine Gelb-Infektion zu schlimm wurde. Indertat zeigte sich bei Kontrollen auch dass er Tauben hatte die frei vom Gelb waren, aber er hatte auch Tauben die voll damit waren.
Es wurde zwar stark selektiert, aber um die Anzahl der Tauben auf demselben Niveau zu halten wurden gleichzeitig auch neue Tiere angeschafft: normale Tauben die wie die meisten Tauben wie üblich mit Medikamenten gegen dem Gelb behandeld wurden. Die Folge hiervon: die Infektionen traten immer neu auf und der Liebhaber erreichte kaum Erfolge. Die Selektion hatte nur einseitig stattgefunden, aber das hatte nicht geführt zu ein Taubenbestand der frei von Trichomoniasis ist, weil immer neue und anfällige Tauben dazu kamen.
Selbstverständlich gab es Tauben die nicht anfällig für das Gelb waren, aber durchschnittlich gesehen blieb die Infektion bestehen und machte diesen Liebhaber das Leben sauer.
Durch eine gute Selektion zu kombinieren mit überlegte Medikamentengebrauch ist es in diesem Jahr gelungen um diesen Liebhaber stark nach oben zu bekommen in den Platzierungslisten. Auch hier hat sich also gezeigt dass es die Lösung eine Sache ist von “oder/oder”, sondern von “und/und”. Wie so oft: der goldene Mittelweg.

Medikamente mussen überlegt eingesetzt werden und nicht auf gut Heil, sicher wenn es sich um junge Tauben handelt. Diese sind ja noch dabei um ein gutes Abwehrorgan zu entwickeln.
Die Kuren und Kürchen die die Jungen bekommen um aus der Gefahrenzone gehalten zu werden, sind oft auch ein Grund dafür dass in langer Sicht die Tauben erschwachen.
Bei Jungtiere sehe ich es am liebsten kein übermässiges kuren, weil hierdurch die Entwicklung des eigenen Abwehrorgans gestört wird. Ein geschwächtes Abwehrorgan ist nicht in der Lage um einfache Infektionen durch Parasiten, Bakteriën und Viren genügend Widerstand zu bieten. Somit bekommen diese Infektionen festes Land unter den Füssen in einer Gruppe von Tauben und fängt die Verbreitung durch den ganzen Taubenbestand an und geht weiter (Korben). Die Tauben von andere Liebhaber werden auch infektiert, was wiederum zur Folge hat dass dort auch wieder zu dem Medikamententopf gegriffen werden wird und so kommt der Ball ins rollen .. immer weiter.

Es ist nicht nur so dass ausschliesslich das übermässige (und oft: nicht sachkundige) Medikamenten-anwendung dazu beiträgt dass Tauben anfälliger für Infektionen werden.
Auch die Verschmutzung des Lebensbereichs der Tauben (wie: die Strahlenbelastung durch Mobiltelefon-antennen u.Ä.) werden ihren Tribut verlangen. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt dass diese Geräte schädlich für uns Menschen sind, also sind sie es auch für unsere Tauben.

Aber auch die überall stattfindende Verschmutzung mit Bekämpfungsmittel und andere Chemikaliën singen ihr Liedchen mit. Zählen wir dann auch noch hierbei die Manipulisation an verschiedene Nahrungsstoffe hinzu, dann haben wir schon zu einer gehörigen Liste von Faktoren die eine mässige Entwicklung des Abwehrorgans der Tauben beëinflussen.
Wir dürfen auch nicht übersehen dass Tauben sich nach ihre Geburt explosionsartig entwickeln. Wenn dann die “Umwelt” in der sie aufwachsen nicht optimal ist kann vieles schief gehen, auch der Aufbau des Abwehrorgans.
Eine gute Basis ist darum auch so wichtig.
Daher auch mein Plädoyer für die Anwendung von Mitteln wie Bony-SGR, Widerstandtrunk oder Bony-Sambucca-Plus um so zu helfen um die Abwehr der Tauben so optimal wie möglich werden zu lassen, als ein Beitrag um mit eine gute interne Umwelt aufwachsen zu können.

Aber ich schweife mal wieder ab. Im Anfang sprach ich über die “Wahrheit” der Liebhaber die absolut keine Medikamente einsetzen aber trotzdem behaupten dass sie stark spielen.
Auch ich bin überzeugt davon dass mit eine sehr eingechränkte Medikamenten-anwendung gute Leistungen erreicht werden können, aber dann müssen zwei Bedingungen auch erfüllt werden: die Sorge für eine gute Umwelt worin die Tauben aufwachsen, aber auch der Mechanismus der strikten Selektion muss eingehalten werden.
Nur so is es möglich um mit eine (sehr) eingeschränkte Anwendung von Medikamenten (Hoch)Leistungen zu erreichen. Ich sehe das auch immer mehr bei die Liebhaber die sich schon vor längerer Zeit entschieden haben um den langen Weg zu gehen um ihre Tauben mit eine bessere Abwehr zu versehen.
Die Tauben dieser Liebhaber werden weniger anfällig für Infektionen sein.

Leider glauben die meisten Liebhaber noch immer an die Kraft im Medikamententopf. Ihre “absolute Wahrheit” ist dass Krankheiten nur mit Medikamenten geheilt werden müssen ………:
“Man sieht es doch ….. wenn die Tauben krank sind, gibt man sie Medikamenten und dann erholen sie sich auch wieder. Was andere auch behaupten ist Unsinn. Wenn man krank ist nimmt man Medizin. Basta. “

Ich bin Tierarzt.
Was mache ich wenn Tauben massenhaft ernsthaft krank sind ..ja: ich verschreibe Medikamente. Dazu werden Tierärzte engagiert: um kranke Tiere wieder gesund zu bekommen.
Ich beschränke mich aber nicht zum verschreiben von Medikamente. Ich hammere auch auf einen besseren Widerstand und auf die Verbesserung von dem Abwehrsystems. Zu beginnen mit die jungen Tauben.

Auch ich habe oft ein Liebhaber vor mir den ich denken sehe: “Mensch, jetzt rück mit die Medizin raus, sodass sich die Tauben JETZT erholen und dann sehen wir schon weiter …”. Zum Glück sehe ich aber immer öfter auch Liebhaber die einsehen dass zwei Spuren befahren werden müssen:
Einerseits muss die Krankheit direkt bekämpft werden, wofür es oft nötig ist um Medikamente zu verschreiben. Das ist wie das löschen von ein brennendes Haus: da muss man mit alle Mann ran. Aber auch die Feuerwehr emphielt dass man auch präventive Massnahmen gegen Brandgefahr nehmen soll.
So sehe ich auch die Verbesserung der Abwehr und die Stärkung des Abwehr-organs: dafür sorgen dass durch Schutzmassnahmen kein Feuer enstehen kann.
Ganz aussen an dieser Seite haben die Liebhaber die behaupten dass sie nie (oder: nur wenig) Medikamente anwenden auch ihre Wahrheit:
Um den Weg zu gehen den sie eingeschlagen haben sie viel Arbeit und Durchsetzungsvermögen liefern müssen, den das Ziel ist so nicht leicht zu erreichen. Sie proklamieren ihre Wahrheit als die absolut richtige (und richten oft ihre Kritik auf die Tierärzte die in ihren Augen die Quelle vom Übel sind).

Ganz aussen an der anderen Seite gibt es eine (kleine) Gruppe Liebhaber denen alles egal ist und die diverses Zeug in die Trinknäpfe schmeissen um so damit an zu schliessen an die Leistungen der “Grossen Namen” im Taubensport.
Diese Liebhaber haben ihre absolute Wahrheit dass die “Grossen” nur darum “Gross” sind weil sie auch nur “das Mittel” benutzen.

Dazwischen gibt es eine grosse Gruppe Liebhaber die einfach nur Spass am Taubensport haben möchten, wenn es irgendwie geht ohne übermässiges anwenden von Medikamenten.
An diese Liebhaber richte ich mich hauptsächlich mit mein “Zwei Spuren”-Fahrplan: wenn es brennt dann löschen Sie das Feuer und benutzen Sie dann die richtingen Mittel, in der richtigen Menge und genügend lang, aber belassen Sie es da nicht bei.
Sorgen Sie ab dann auch dafür dass der Widerstand der Tauben optimal bleibt und dass sich die Darmflora wieder so gut wie möglich erholen kann.
Für das Erste empfehle ich widerstandserhöhende Trunke o.Ä. und für das Zweite empfehle ich die Anwendung von Probiotica.

Meine Wahrheit ist:
Die medizinische Begleitung des Taubensports sollte überlegt stattfinden.
Gestehen Sie ein dass der Taubensport ein Hochleistungssport ist und dass darum manchmal Zugeständnisse erforderlich sind, auch in Bezug auf die Anwendung von Medikamente.
Behalten Sie den roten Faden im Auge, das ist: sorgen für Tauben mit einen besseren Widerstand, die weniger anfällig sind für Krankheiten, wodurch die Anwendung von Medikamente eingeschränkt werden kann.

Viel Erfolg !